„Man stolpert mit dem Kopf und dem Herzen“

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Am 04.02.23 wurden 16 Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig in der Homburger Altstadt verlegt

Ein Stein – ein Name – ein Mensch. Am 16.12.1992 verlegte der Künstler Gunter Demnig seinen ersten sogenannten Stolperstein und engagiert sich seither gegen das Vergessen und für ein würdiges Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus in Europa. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Dieser Satz aus dem Talmud wurde für Demnig zur Richtschnur seines Stolpersteinprojekts in dessen Rahmen mittlerweile fast 100 000 Stolpersteine in über 20 Ländern Europas verlegt worden sind, das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Vor dem zuletzt frei gewählten Wohnort werden diese Gedenksteine in den Asphalt eingelassen und erinnern fortan daran, dass diese Individuen ehemals ein Teil unserer Gesellschaft, sprich unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger waren.

2007 wurden die ersten Stolpersteine im Saarland (Illingen) verlegt. Mittlerweile liegen Stolpersteine in über 15 saarländischen Städten und Gemeinden. Die Kreisstadt Homburg tat sich lange Zeit schwer mit diesem Thema. Anstöße wie der des Vereins Freundeskreis der Synagoge blieben ohne Widerhall. 2014 entschied sich der Stadtrat dann bewusst gegen Stolpersteine, ursprünglich auch das Anliegen von Izhak Hirsch, dessen Großeltern in Auschwitz ermordet wurden, und stattdessen für ein zentrales Mahnmal am alten Markt, „das Mahnmal gegen das Vergessen“.

Einer erneuten Initiative der AG Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums ist es zu verdanken, dass das Projekt „Stolpersteine für Homburg“ Ende 2021 ins Rollen kam. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Homburg wurden die Opferbiografien recherchiert, Gespräche mit den Hauseigentümern geführt und die Verlegung organisiert. Im September 2022 wurde die Verlegung schließlich einstimmig durch den Stadtrat genehmigt.

Am 03.02.23 fand im Rathaus, umrahmt von Beiträgen aus der AG Geschichte, der Vortrag von Gunter Demnig statt, in dem er seine Künstlerbiographie und den Weg zum Stolpersteinprojekt auf anschauliche und eindrucksvolle Weise darstellte. Am Tag darauf wurden dann die ersten 16 Stolpersteine im Gedenken an die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Herzen der Stadt Homburg verlegt. Für folgende Familien wurden Stolpersteine verlegt: Familie Wolf (Karlsbergstraße 20), Familie Salmon (Eisenbahnstraße 6), Familie Frommer (Marktplatz 15), Familie Oppenheimer (Marktplatz 15) und Berta Graber (Klostergasse 1). Während Herr Demnig die Stolpersteine passend anordnete und in den Gehweg zementierte, lieferten Schülerinnen und Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums (Lea Jacob, Lea Göddel, Alexander Michel, Lara Schwenn, Simeon Seitz, Joude Ghafir) die jeweiligen biografischen Hintergrundinformationen und passende Gedichte. Dominic Ecker begleitete die Verlegung mit Stücken von Bob Dylan und Eric Clapton auf der Gitarre. An der ehemaligen Wohnadresse der Familie Salmon wurde ein Brief von Alice Salmon, die mit ihrer Familie in die USA geflohen war, an ihre Freundin in Sankt Ingbert vorgelesen. Wenige Tage vor der Verlegung erhielt die AG Geschichte, die zuvor die Hinterbliebenen der Familie Salmon in den USA kontaktiert hatte, Antwort per E-Mail: Die Tochter von Mathel Marylin Salmon, Susan Rand, bedankte sich für die Initiative der Schülerinnen und Schüler und berichtete vom Schicksal ihrer Urgroßmutter und ihrer Großeltern und der schwierigen Existenzgründung nach der Flucht.

Die Stolpersteine sollen als „Mahnmal von unten“ als ein Zeichen zivilgesellschaftlichen Engagements fungieren und über Patenschaften aus der Mitte der Gesellschaft finanziell getragen werden. So übernahm die AG Geschichte zum Beispiel die Patenschaft für den Stolperstein für Berta Graber. Im Rahmen von sogenannten „Putzpatenschaften“ sollen die Erinnerungsorte alljährlich gepflegt werden, sodass sie ihren Glanz behalten und die Menschen dazu anhalten, einen kurzen Moment aus ihrem Alltagstrott auszubrechen und „mit dem Kopf und mit dem Herzen“ zu stolpern (Text: Matthias Pöhler, Fotos: Peter Hecker).

 

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